Heiß und heikel: Porno. Was sollen Eltern jüngeren Kindern sagen?

Da sind sich alle einig: Die schamlosen Actionfilme sind nichts für Kinder. Trotzdem werfen oft schon Grundschulkinder mit Reizworten aus der Pornowelt um sich. Wie geht man damit gut um?

Kleines Figurenpaar von Mann und Frau aus weißem Porzellan, die Köpfe sind Lichtschalter, Genitalien als Mini-Glühbirnen dargestellt
Werden elektrisierende Bilder von Sexualität zum Thema, sind Eltern beunruhigt. Was hilft? Nicht aufregen, und eine knappe Einordung geben. Damit Kinder wird die Aufregung unter Kindern kleiner. Foto: Michael Prewett/Unsplash

Das möchten wir vermeiden: dass unser Kind zu früh in Kontakt mit provokanten sexuellen Inhalten kommt. Sie sind nicht angemessen. Darum sind pornografische Inhalte ja auch für Menschen unter 18 Jahren verboten.

Doch dann kommt das normale Leben. Und da schleicht sich das Thema außerhalb der Familie an den Nachwuchs heran. Zum Beispiel auf dem Schulhof, auf dem einer oder ein mit großer Klappe herausposaunt: „Porno, hab ich schon gesehen.“ Vielleicht ist es wahr und der große Bruder hat eine Sequenz gezeigt. Vielleicht war es eine Mutprobe, einen Filmfitzel auf dem Smartphone. Ebensogut kann der Spruch nur behauptet sein – Kinder merken schnell, dass Worte wie „Porno“, „Ficken“ und „Penis“ viel Aufmerksamkeit bringen. In ihrer Klasse tun sie sich damit als erwachsen hervor, verwegen und abgeklärt. Lehrkräfte und Eltern reagieren erst recht alarmiert.

Bevor ich gleich auf gute Reaktionen komme, möchte ich mit einem Beispiel zeigen, wie schnell ein Kind im Internet auf verbotene Inhalte gelangt.
Mir erzählte eine Mutter, dass ihre 10-jährige Tochter im Kinderzimmer (abgemacht war: „Du darfst eine Folge deiner Lieblingsserie schauen“) auf dem Tablet ein Reizwort vom Schulhof eingab. Damit landete sie mit einem Klick auf einer Pornoplattform. Deren Namen hatten die Schulkameraden gerufen, um sie zu ärgern. Hui. Woher die das wohl hatten? Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Denn im Anschluss erklärte das Mädchen in der Schule: „Porno – hab ich auch schon gesehen.“ Schließlich rief eine befreundete Mutter bei ihr zuhause an: das Mädchen hatte vor ihrem Kind behauptet, es würde schon Pornos gucken. Oh je. Ich kann beruhigen: es gab ein paar erschreckte, aber einfühlsame und erklärende Worte zu den dargestellen Szenen von Seiten der Eltern. Das wurde flankiert von einem Guck-Verbot, parallel wurde das Tablet besser gesichert und überwacht. Dann war es gut damit.
Aber was genau sagen wir als Eltern, wenn „Porno“ zum ersten Thema wird?

Zwischenfazit: Was ein Schulkind wissen muss

Das erste Fazit lautet: egal wie sehr wir unsere Kinder davor schützen wollen, zu früh mit Pornographie in Berührung zu kommen – wir haben es nicht hundertprozentig in der Hand. Darum, und das ist zweite Fazit, sollten Eltern in der Familie ein grobes Wissen, Werte und Haltung zu Sexualität und den Grenzen der Intimsphäre mitgeben. Fazit drei lautet: wir sollten offen sein für Gespräche. Ein Kind soll auch zu heiklen Themen wissen: da darf ich nachfragen.

Trotzdem ist natürlich die erste Information, die man in der Familie klären sollte: solche Filme oder Bilder sind für nicht für Kinder gemacht – und für sie verboten. Und trotzdem sollten wir dann mit wenigen Worten erläutern, was Pornographie bedeutet. Sonst bleibt das Ganze ein großes Fragezeichen im Kopf des Kindes, das neugierig macht oder unnötig ängstigt. Taucht das Wort Porno (im Schulalter) also auf, sollte man erklären: Es ist verboten, Kindern Pornos zu zeigen, versenden oder in einem Netzwerk zu teilen. Dabei ist es egal ob das ein Erwachsener, Jugendlicher oder ein Kind macht. Das ist sonst ein Fall für die Polizei. Pornographie ist das Wort für Bilder oder Filme, in denen Sexualität in Aktion gezeigt wird, Küsse und Berührungen zwischen nackten Menschen. Das gehört nicht in die Öffentlichkeit. Das machen nur Erwachsene, und die Bilder sind überzogen, haben wenig mit zärtlicher Liebe gemein.

Das zu besprechen wird wichtiger, je mehr Freiheiten ein angehender Teenager mit dem eigenen Smartphone bekommt. In der Pubertät erwacht früher oder später das Interesse an erwachsenen Formen von Sexualität, etwa im Alter von 15 bis 16 Jahren sind die meisten Jugendlichen, vor allem die Jungen, mit expliziten Bildern in Kontakt gekommen.

Bei Mädchen gibt es noch andere sexuell aufgeladene Inhalte, ich schweife kurz ab, weil ich das interessant finde: Musik- und Tanzvideos scheinen so harmlos, aber manche Bewegungen darin kommen mir ganz schön explizit vor. Natürlich ist das keine Pornographie, aber ich dachte bei uns Zuhause manchmal, hui, die Kinder tanzen nicht ganz jugendfreie Bewegungen. Meine private Lösung war: ich habe erklärt, dass dieser eine Hüftschwung (nicht unabsichtlich) an Sex erinnert. Und dass ich ihn deshalb nicht gerne sehe, weil er für ein Kind, das noch längst nicht jugendlich ist unangemessen wirkt. Finde ich. Damit war es einmal gesagt – es wurde weniger. Aber hier wird ein wichtiger Baustein der Sexualerziehung deutlich: wir Eltern können durch freundliche Klarstellungen Bewusstsein schaffen für die feinen Grenzen zwischen okay und unangemessen.

Soll man das Thema Porno von selbst ansprechen?

Eine Ansprache aus dem Nichts wäre bei Grundschulkindern nicht passend. Dennoch halte ich es für eine gute Möglichkeit, wenn Eltern das Thema sexuell freizügiger Bilder und Worte allgemein im Blick haben – und die Darstellungen, das klingt jetzt aber trocken, ab und zu einordnen. Schließlich ist Aufklärung keine Vorlesung, die man einem Kind einmal hält – statt dessen geben wir in allen möglichen Situationen Orientierung.

Gibt es in der Lebenswelt dagegen einen konkreten Anknüpfungspunkt – von denen das Kind, andere Eltern oder die Schule berichten – sollten Eltern klipp und klar Stellung nehmen. Das können Musikvideos sein, Liebesszenen, Anspielungen in Serien. Denn es ist besser, wenn Begriffe wie Porno in der Familie besprochen werden, statt sie der Phantasie des Kindes zu überlassen – und eventuell dessen Internet-Suchkünsten.

Hier sind weitere Tipps für eine gute Begleitung rundum realitätsferne Darstellungen von Sexualität:

  • Ruhig erklären, was Sache ist. Gab es Konktakt mit entsprechenden Worten oder Bildern, ist eine kurze, sachliche Einordnung hilfreicher als Schimpfen oder Entsetzen. Sie könnten sagen: „Du weißt, wer einem Kind diese Bilder zeigt, kann dafür bestraft werden. Ich finde, diese Filme geben einen falschen Eindruck von dem, was die meisten Erwachsene machen, wenn sie sich körperlich nah sein wollen. Das sind Filme, in denen es nur um Sex geht, nicht um Zuneigung und Zärtlichkeit. Manche Erwachsene mögen sie, längst nicht alle.“ Ihre Haltung, Ihre Formulierungen sind der beste Weg.
  • Einfache Definitionen zu sexualisierter Sprache geben. Auf dem Schulhof machen manchmal Worte wie pervers, Pussy, Hure, f*cken und so weiter die Runde. Wer sie benutzt, hat Macht, schockiert und setzt andere herab. Kinder die mit diesen Worten geärgert werden schämen sich – selbst wenn sie die Worte nicht verstehen. Manche verwenden sie auch dann weiter. Mein Kind macht sowas nicht? Dafür kann kein Elternteil die Hand ins Feuer legen.

    Ich möchte Sie ermutigen: So ungemütlich sich die Konfrontation anfühlt, so sehr ist der Moment eine Chance, Wissen und Werte zu vermitteln. Die eine Botschaft lautet natürlich: Wir wollen nicht, dass du die Wörter benutzt. Die andere Botschaft investiert in das Vertrauen und das Wissen des Kindes: Mit uns kannst du darüber sprechen. Wir erklären dir die Welt.

    Versuchen Sie die Bedeutung mit wenigen Worten zu erklären, vereinfacht fürs kindliche Verständnis. Nebulöse Umschreibungen helfen nicht. Ich gebe zu, manche der heftigen sexuell konnotierten Schimpfworte kindgerecht zu erklären fällt nicht leicht – was sie beschreiben, gehört kaum in ihr Lebenalter. Doch Kinder wachsen nach und nach in die reale Welt hinein und müssen, siehe Schulhof, sich behaupten und Dinge einordnen können. Das eigene Kind sollte nicht das letzte Ahnungslose auf dem Schulhof sein, oder den Begriff verwenden, ohne dessen Bedeutung zu kennen.
  • Unrealistische Liebesszenen kommentieren Auch Kinder sehen Filme oder Szenen, in denen Sexualität mehr oder weniger real oder geschönt dargestellt wird, in der Werbung wie Familienfilmen oder romantischen Komödien. Kommentieren Sie das ab und zu: „Das ist total übertrieben…“ Oder: „Huch, sie kennt ihn kaum und geht schon mit ihm mit?“
  • Gute Vergleiche ziehen Ziehen Sie Parallelen zu Ballerspielen, Zeichentrick- oder Actionfilmen. Da wird sich geprügelt, die Figuren fallen in Abgründe, fliegen, schießen, es gibt Tote, ohne dass ein Tropfen Blut oder eine Träne fliesst, in „Tom und Jerry“ genau wie der neuesten Kinderserie vom Streamingdienst. Genauso machen romantische Filmfiguren im Namen der Liebe Dinge, die kein Mensch in Wirklichkeit macht. Sie scheinen immer zu klappen, einfach zu sein, haben kaum eine emotionale Nachwirkung. Kurz, was wir in den Medien sehen, bildet keine Realität ab. Daraus kann das Kind lernen: Bitte nicht verwechseln.
  • Schutzmechanismen einbauen. Ein letzter, aber extrem wichtiger Punkt: Eltern müssen ran an die Hard- und Software, bei kleineren Kindern ist das Pflicht. Das Einfallstor für Pornographie ist das Internet. Auch wenn wir Aufwand treiben müssen, braucht ein smartes Gerät für Kinderhände einen Jugendschutz-Filter, Kontrolle und Begleitung von Erwachsenen, die nachfragen und Inhalte hinterfragen, mal die „History“ durchsuchen.

Ein Ausblick

Vielleicht zum Abschluss: es geht es mir hier nicht darum, Pornographie zu verdammen. Anregende Filme gehören für viele Erwachsene dazu, außerdem gibt es Regisseure und Regisseurinnen, die sich um mehr Geschmack, Respekt, Realität und Gleichberechtigung bemühen.
Für jüngere Kinder aber geht es zuerst um Schutz und dann um eine gewisse Einordnung, aus der Sicherheit erwächst. Nach dem Motto: Ich kann grob einschätzen, was das ist. Es ist nichts für mich. Wenn ich erwachsen bin, mache ich mir selbst ein Bild. Einige nützliche Websites zum Thema Kinderschutz und Technik iim virtuellen Raum sind: www.klicksafe.de , https://www.schau-hin.info/, http://www.sicher-im-netz.de

Was hier noch folgen wird: ein Beitrag mit Fakten aus Studien zum Thema Pornographie und Jugendliche, und einer der beschreibt, was größere Kinder und was Eltern zu Pornographie wissen sollten.

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